Blog-Post

Samarita Solidargemeinschaft

Solidarität ist, wo Solidarität geschieht

„Gemeinschaft ist, wo Gemeinschaft geschieht“ – dieser Satz von Martin Buber lässt sich umwandeln in „Solidarität ist, wo Solidarität geschieht.“

In den letzten Jahren war das Wort „Solidarität“ häufig hörbar. Meist war damit die Verpflichtung zum Einhalten von Regeln, Gesetzen und Verordnungen gemeint, bei denen der Einzelne keine Wahl hatte. Eigene Entscheidungen und damit Gestaltungsspielraum waren ihm abgenommen. Dies ähnelte mehr einem erzwungenen Gehorsam als einer freien Verantwortlichkeit. Was also ist eine „Solidar-Gemeinschaft“?

Welche Grundhaltung assoziieren wir mit dem Begriff Solidarität? Ist es ein Anspruch, den ich an andere habe? Oder ist es eine Zusage an andere? Ist es eine Pflicht, die andere mir gegenüber zu erfüllen haben, oder ein Zuspruch der Gemeinschaft mir gegenüber, auf den ich vertraue, in der Überzeugung, dass Mit- und Füreinander-Dasein ein zutiefst im Menschen verankertes authentisches Bedürfnis ist? Von Letzterem dürfen wir wohl ausgehen, wenn wir z.B. die Flutkatastrophe im Ahrtal betrachten: viele Menschen fühlten sich angefragt, ihre Fähigkeiten oder auch Geldmittel zur Verfügung zu stellen, ohne zu
fragen, welcher Gewinn für sie dabei herausspringt.

Wagen wir es, auf den Zuspruch zu bauen! Stellen wir uns ganz ins Vertrauen, wo Menschen bewusst Solidargemeinschaft gestalten! In den Jahren unserer Mitgliedschaft bei der Samarita Solidargemeinschaft e.V. konnten wir immer wieder erfahren, wie ge- und erlebte Solidarität zur Gesundheit beiträgt. Zu wissen, dass ich in Notzeiten getragen bin und andere in deren Notzeiten unterstützen kann, ist gesundheitsfördernd. Solidarität ist ein Akt,
für den ich mich entscheide.

Teil einer Solidargemeinschaft zu sein, haben wir als ein hohes menschliches Entwicklungspotential erfahren. Das vorherige Denken „Ich habe meinen Beitrag bezahlt, jetzt will ich auch was herausbekommen“, hat sich gewandelt. Vom „Konsumenten“, der für eine Ware bezahlt, sind wir zu Mitgestaltern der gegenseitigen Hilfe geworden. Die Solidargemeinschaft ist so nicht mehr eine Institution mit Sitz bspw. in Bremen, sondern WIR bilden die Solidargemeinschaft.

Auch Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen brauchen Regelungen und Vereinbarungen. Es braucht klare Beschreibungen, auf was sich die Solidarität bezieht. Darüber hinaus gibt es jedoch immer auch die personale Hinwendung: welche Unterstützung braucht dieser konkrete Mensch in dieser konkreten Situation? Dabei können „Leistungskataloge“ nur begrenzt hilfreich sein. Was können die anderen Mitglieder der Solidargemeinschaft Hilfreiches zur Entschärfung der Situation des Betroffenen beitragen? Hier wird deutlich, wie bedeutsam die Beziehungen, die Begegnungen der Menschen, z.B. in
den Regionalgruppen oder Mitgliederversammlungen, sind.

Vielleicht könnte man sagen, Solidargemeinschaften sind „lernende (oder sich entwickelnde, oder werdende) Organisationen. Immer wieder werden die entscheidenden Faktoren miteinander in Beziehung gesetzt, geprüft, ob Regelungen noch den Grundprinzipien, denen sich die Mitglieder angeschlossen haben, gerecht werden oder ob es Änderungen oder Erweiterungen bedarf.

In diesem Prozess ist auch die Solidarität der Solidargemeinschaften untereinander ins Blickfeld getreten und hat in der BASSG (Dachverband von Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen) ihren Ausdruck gefunden. Hierbei unterstützen sich die einzelnen Solidargemeinschaften gegenseitig finanziell und ideell in ähnlicher Weise, wie dies innerhalb einer einzelnen Solidargemeinschaft die Mitglieder untereinander tun.

Solidargemeinschaften im Gesundheitswesen helfen ihren Mitgliedern, Verantwortung zu tragen, statt sie ihnen abzunehmen. Nicht nur dadurch leisten sie einen wertvollen Beitrag für eine subsidiär gegliederte demokratische Gesellschaft. Wir sind dankbar und froh, miterleben und mitgestalten zu dürfen, dass „Gemeinschaft wirklich dort ist, wo Gemeinschaft geschieht“, und Solidargemeinschaft dort, wo Solidarität aus Verbundenheit in Freiheit gestaltet wird.

Ulla und Gottfried Matthias Spaleck